Freitag, 9. November 2007

kurze Zwischenmeldung

Soderle, nachdem es jetzt doch auch mal wieder gute 3 Wochen her ist, mal eine kurze Meldung was in letzter Zeit so passiert ist.

Das Training, das ich eigentlich vorhatte, hat natuerlich nicht funktioniert, weil wieder andere "unvorhersehbare" Sachen (Presidential Inauguration Day) dazwischen gekommen sind. Aber vielleicht geht es ja doch noch hin...

Sibylle und ich haben inzwischen den Fokus relativ stark auf Kuntoloh gelegt, wo Sibylle in der Zeit als ich das Training machen sollte, ein paar Tage mit den Leuten gelebt hat. Das ist der Ort, an dem die Geschichte mit dem Maedchen, das beschnitten werden sollte, passiert ist.
Unser Ziel ist, dort ein "Forum" durchzufuehren; das bedeutet, eine Veranstaltung mit 50 key players der Gemeinschaft, die in einem eintaegigen Gespraech ueberzeugt werden sollen, dass ihnen die Praxis der Frauenbeschneidung in extrem vielen Punkten Schaden zufuegt. Dabei geht es dann um Themen wie Traditionen an sich, gesundheitliche Aspekte, AIDS, Menschenrechte, Religion,...
Damit zusammenhaengend werden dann auch kleinere Entwicklungsprojekte vergeben, sollte sich die Community dazu entscheiden, die Praxis aufzugeben. Es gibt dabei verschiedenste Vorgehensweisen, was u.a. daran liegt, dass das jetzt gerade erst angefangen hat und deswegen auch der Erfolg noch getestet werden muss. Ich seh das selber auch teilweise recht kritisch, Geld/Gueter zu geben, dafuer, dass sie etwas aufgeben, was ihnen schadet, aber ok... machen wir mal mit...

Noch so ein Forum soll dann in Makeni stattfinden, und dann ist eine weitere Sache, die wir mit vorbereiten ein Treffen mit lokalen Politikern und den Botschaftern mehrerer Laender, sowie Chiefs und ehemalige Beschneiderinnen,....
(womit ich hoffentlich jetzt auch Kathis Frage beantwortet hab ;) )

Als wir das letzte Mal in Kuntoloh waren, haben wir einen Polizei-Einsatz mitbekommen, der gegen den Protest an einer Schule gerichtet war, die unrechtmaessig verkauft worden war. Die Polizei ist dabei nicht unbedingt deeskalierend aufgetreten, hat sehr bald Traenengas eingesetzt, und irgendwann ist auch scharf geschossen worden. Das Geruecht von dem toten Lehrer hat sich im Nachhinein aber dann doch als unwahr rausgestellt.
Insgesamt hat man aber dann doch auch gemerkt, dass die Kriegserfahrung den Leuten noch gewaltig in den Knochen sitzt. Als wir dann auf dem Rueckweg auf dem Markt ein paar Sachen einkaufen wollten, waere ich fast in einer Massenpanik ueberrannt worden, obwohl die Polizeiaktion an sich schon lange vorbei war. Was die Ursache dafuer war, keine Ahnung...

Die Regenzeit haette inzwischen eigentlich auch zu Ende sein sollen, aber obwohl der Harmattan (kalter Wuestenwind aus der Sahara, der in der ersten Woche die Luft total weiss faerbt) schon vor 3-4 Wochen eingesetzt hat, regnet es noch immer mal wieder an einem Tag 2-3x. Aber naja... uebers Wetter insgesamt sollte ich mich wohl trotzdem eher nicht beschweren ;)

Ansonsten gibt es eigentlich nicht so wahnsinnig viel zu berichten, ausser, dass ich wie viele Biere ich seit ich hier bin getrunken hab, noch immer mit meinen Haenden zaehlen kann, weil wir echt seltenst ausgehen... irgendwie bin ich immer voll frueh muede (meist schon so gegen 9) und geh dann auch meistens relativ bald ins Bett... mein Vater waer stolz auf mich. Haett ich auch nicht gedacht, dass ich irgendwann in meinem Leben nochmal mehrmals 3 Tage in Folge frueher als 10 ins Bett gehen wuerde...

So ungefaehr 3 Wochen sinds noch, dann gehts nach Hause, und irgendwie freu ich mich sogar doch schon auch auf Schnee und kaltes Wetter, dicke Kleidung, dicke Wolldecken, Aufwaermen von der Kaelte draussen.... und vor allem LEBKUCHEN!!! Die paar die ich dabei hatte hab ich halt doch eher fuer die Leute hier mitgenommen...

Also denn, machts gut, vielleicht komm ich ja sogar doch noch dazu, nochmal vor Abreise was kurzes zu schreiben.


P.S. Wenn jemand ne Idee hat wie man auf halbwegs menschenwuerdige Weise bettelnde Kinder loswird, ich waer ihm/ihr sehr dankbar... ich fuehl mich dabei irgendwie immer voll schlecht...

Donnerstag, 8. November 2007

Zurueck aus der Provinz

Wir sind seit ein paar Tagen zuerueck von einer Fahrt in die Provinzen. Jetzt hat es endlcih mal angefangen, nach ein bisschen Arbeit auszusehen. Immerhin haben wir unsere "Report Forms" jetzt mal zum Einsatz bringen koennen.
Und als wir zurueck waren, war ich auch zumindest mal einen Tag lang richtig gefordert, als es darum ging fuer NaMEP (die FGM-Dachorganisation, die gerade in der Gruendungsphase ist) ein 18-Monats-Budget fuer Vergangenheit-Gegenwart-Zukunft fuer die GTZ zu erstellen.

In Kabala hatten wir dann auch ein kurzes Gespraech mit einer Ex-Haupt-Beschneiderin, was aeusserst spannend war, da damit mal ein paar Fragen die wir zum Thema hatten geklaert werden konnten. So ist es z.B. so, dass die beste Beschneiderin zur Chef-Beschneiderin gemacht wird, und dann nicht mehr arbeiten muss. Irgendwie ein seltsames System, das diejenige, die es am Besten kann nicht mehr arbeiten laesst... ist zwar jetzt meine Interpretation, aber irgendwie find ich klingt das schon, als ob der Job fuer die Beschneiderinnen auch eher eine Belastung ist.

Zumindest ist es jetzt inzwischen so, dass wir tatsaechlich mal wissen, was wir in naechster Zeit machen werden. Trotzdem ist eine gewisse Ernuechterung eingetreten in dem was ich jetzt weiss was wir erreichen koennen werden.
Je laenger ich in Sierra Leone bin, desto mehr faellt mir/uns auf, wie sehr die Probleme dieses Landes miteinander zusammenhaengen. Schlechte Strassen, kein Strom, schlechte medizinische Versorgung und schulische Bildung, Gewalt gegen Kinder, Schulgebuehren und schlechte wirtschaftliche Lage, Umweltprobleme, Secret Societies und Korruption,... irgendwie haengt das alles zusammen.

Ein Riesenfaktor dabei ist auch, dass die Gesellschaft einfach extrem hierarchisch gepraegt ist. Wer einen hoeheren Status hat, wird nicht hinterfragt, zumindest nicht offen. Das zeigt sich z.B. darin, dass es immer wieder ein paar Leute gibt, die als "Arbeitstiere" gehalten werden, und das Konzept erinnert sehr an Feudalismus/Leibeigenschaft. Genauso findet sich das auch in der unantastbaren Rolle der Chiefs in den Doerfern, oder auch der Priester und Imame.
Irgendwie ist die Situation halt schon einfach so, dass ich nicht wirklich weiss, wo man anfangen muesste, und dass wenn sich was aendert, man das Gefuehl hat, dass es dann doch wieder irgendwie zunichte gemacht wird.
Andererseits aber dann halt doch auch, dass im Vergleich zu dem was Beate und Rebekka (unsere Vorgaengerinnen) erzaehlt hatten, doch einiges geschehen ist...

Trotzdem muss ich sagen, dass ich fuer mich schon inzwischen den Sinn unseres Aufenthalts nicht mehr so ganz sehe. Also: fuer mich schon, fuer mich ist es eine bereichernde Erfahrung, aber ob ich hier irgendetwas bewegen koennte, selbst wenn ich laenger als nur die 3 Monate hier waere ist halt doch einfach fraglich.

Dazu kommt fuer mich auch noch, dass ich feststelle, dass ich anscheinend doch nicht genuegend Anpassungsfaehigkeit besitze, um mit der Situation hier umzugehen. Z.B. faellt es mir einfach extrem schwer in einem Bett mit 2 anderen Leuten ein Auge zuzumachen, und irgendwie ist mir diese andauernde Naehe der Leute (ob im direkten Kontakt oder via Handy) schon auch oft zu viel.
Irgendwie stell ich hier auch gerade mal wirklich fest, was der grosse Unterschied zwischen kollektivistischer und individualistischer Kultur ist - und ich gehoere anscheinend doch sehr eindeutig zu zweiterer. Das beste Beispiel dafuer ist, dass Ann-Marie, als sie uns ihre Schwester vorstellte, meinte, nachdem sie ja unsere Mama ist, ist Cumba automatisch unser Tantchen; alle unsere Probleme, Sorgen,... koennen wir ihr erzaehlen, wie wir sie ihr erzaehlen wuerden. Und ich stell halt einfach doch fest, dass ich einfach ein-zwei Tage brauche bis ich zu jemandem irgendeine Form von Beziehung aufbauen kann, Familienbande sind da doch irgendwie nicht genug Grund fuer sofortiges Vertraut-Fuehlen - was aber dann die Leute irgendwie nicht wirklich nachvollziehen koennen.

Ich muss auf jeden Fall sagen, dass ich mir inzwischen doch relativ sicher werde, dass meine persoenliche Zukunft wohl eher nicht in der direkten Entwicklungsarbeit sein wird... was mich auf jeden Fall auch irgendwie mit der Frage konfrontiert, was es denn dann sein wird.

Es gibt aber natuerlich schon auch immer wieder superschoene Momente, und es ist auch einfach ein wunderschoenes Land.
Was eine Sache ist, die ich hier absolut genial finde, ist die Reaktion von Kindern, wenn sie uns sehen. Es gibt irgendwie nur 3 Varianten: 1. die kritische (kritische Blicke, keine Antwort auf "Hallo"), meist erst bei Kindern ueber 6-7 Jahren, 2. die freudige ("white man! white man! white man!" mit Winken, Umarmen, Haende greifen und nicht loslassen, und 3. die eindeutig lustigste: ein paar Kinder laufen immer mal wieder heulend weg, und/oder verstecken sich hinter ihrer Mama. Irgendwie einfach ne lustige Reaktion *g*

Mittwoch, 7. November 2007

Ich wusste es schon immer....

... dass Computer mich hassen! Grad im Moment sind mir im anderen Internet-Cafe sage und schreibe 3 PCs nacheinander abgestuerzt, die jeweils bei den Personen vorher noch wunderbar funktioniert hatten....

Naechsten Post werd ich dann jetzt wohl doch auch nicht mehr heute fertig kriegen, weil dieses Internet-Cafe in 10 Minuten zu macht....