Montag, 10. Dezember 2007

Gratwanderungen und andere Schwierigkeiten

Ab und zu ist es so, dass ich doch eher vergesse, dass ich mich in einem Land befinde, das erst vor 5 Jahren einen ueber 10 Jahre andauernden Krieg beendet hat, der als einer der grausamsten Buergerkriege gilt. Und dann laufe ich ueber den Markt, hoere eins der ueblichen "Hello sir, how are you?", drehe mich den Gruss erwidernd zur Seite, und sehe eine Frau auf dem Boden sitzen, die Kruecken neben ihr, und eines ihrer Beine endet mitten im Oberschenkel. Es ist zwar, wie ich schon mal geschrieben hatte, seltener, als ich es eigentlich erwartet haette, aber gerade in so Momenten reisst es mich doch einfach immer wieder.

Das Treffen in Lumley hat inzwischen stattgefunden. Es ist zwar leider nicht ganz nach Plan gelaufen, vor allem weil der Ort sehr kurzfristig geaendert wurde (was ich leider nicht richtig mitgekriegt hatte), und am alten Ort niemand postiert wurde, um bescheid zu sagen, so dass viele der geladenen Gaeste wieder gefahren sind. Ein kleiner Erfolg der Veranstaltung war aber dann doch, dass die Projektmanagerin der GTZ den ehemaligen Beschneiderinnen von Lumley eine alternative Einkommensquelle versprochen hat. Diese Frauen warten zum Teil schon seit knapp 2 Jahren darauf, waehrend neuere Projekte schon ihre Produktionsmittel haben. Problematisch an dem Versprechen war nur auch wieder die zu direkte Formulierung, die, wie wir inzwischen festgestellt haben, sehr schnell zu hohen Erwartungen fuehrt, die aber meistens wegen verschiedenster buerokratischer Hindernisse nicht so schnell erfuellt werden koennen, wie das von den Leuten erwartet wird. Das fuehrt natuerlich auch schnell zu grosser Enttaeuschung auf Seiten der Sierraleoner.
Es ist ein bisschen so, als ob die Leute erwarten, da kommen ein paar Weisse und schwuppsdiwupps ist ihr Leben besser. Das Bedingungen an die Hilfsleistungen geknuepft sind, und dass auch Europaer nicht unendlich Geld zur Verfuegung haben ist den meisten nur schwer zu vermitteln.

Das zweite genannte ist auch eines der Probleme, denen wir auch taeglich begegnen. Manchmal beschwert sich die Verkaeuferin oder Kellnerin, dass man sie nicht auf was einlaedt, mal die direkten Nachbarn. Es ist irgendwie immer eine Gratwanderung, weil es ja nun eigentlich schon so ist, dass wir im Vergleich wirklich viel Geld haben, aber jeden andauernd, oder auch nur ab und zu einzuladen dem es schlechter geht als mir wuerde mich innerhalb kuerzester Zeit relativ mittellos dastehen lassen - vor allem da ich alles Geld was ich hier habe in bar mitnehmen musste, VISA,... is nich.

Dass das Leben in Europa auch mehr Geld kostet ist so als Idee auch nicht wirklich vorhanden. Das was die Leute uns so erzaehlen - sie erzaehlen, sie fragen nicht, denn Europa ist ja einfach so - geht so in Richtung dass es in Europa niemanden gibt, dem es schlecht geht, wir alle grundsaetzlich nur in Restaurants essen, jeder zur Uni gehen kann,...
Und auf die Frage ob sie denn die reichen Sierra Leoner - die mit den dicken Autos rumfahren und sichs wirklich krass anmerken lassen, dass es ihnen gut geht - genauso fragen wuerden, ob sie ihnen dieses oder jenes kaufen/schenken/whatever... erweckt meistens nur grosse Verwirrung.

Aber waehrend die einen Taxi-Fahrer uns oft nicht mal fuer den doppelten Normalpreis mitnehmen wollen, gibt es auch ab und zu Leute, die einen fuer umsonst mitnehmen, einfach weil sie es nett finden, sich mal mit einem Europaer unterhalten zu koennen. Bei manchen Einladungen ist es aber auch schon wieder schwierig anzunehmen... Wie gesagt, einfach immer Gratwanderung...

Freitag, 9. November 2007

kurze Zwischenmeldung

Soderle, nachdem es jetzt doch auch mal wieder gute 3 Wochen her ist, mal eine kurze Meldung was in letzter Zeit so passiert ist.

Das Training, das ich eigentlich vorhatte, hat natuerlich nicht funktioniert, weil wieder andere "unvorhersehbare" Sachen (Presidential Inauguration Day) dazwischen gekommen sind. Aber vielleicht geht es ja doch noch hin...

Sibylle und ich haben inzwischen den Fokus relativ stark auf Kuntoloh gelegt, wo Sibylle in der Zeit als ich das Training machen sollte, ein paar Tage mit den Leuten gelebt hat. Das ist der Ort, an dem die Geschichte mit dem Maedchen, das beschnitten werden sollte, passiert ist.
Unser Ziel ist, dort ein "Forum" durchzufuehren; das bedeutet, eine Veranstaltung mit 50 key players der Gemeinschaft, die in einem eintaegigen Gespraech ueberzeugt werden sollen, dass ihnen die Praxis der Frauenbeschneidung in extrem vielen Punkten Schaden zufuegt. Dabei geht es dann um Themen wie Traditionen an sich, gesundheitliche Aspekte, AIDS, Menschenrechte, Religion,...
Damit zusammenhaengend werden dann auch kleinere Entwicklungsprojekte vergeben, sollte sich die Community dazu entscheiden, die Praxis aufzugeben. Es gibt dabei verschiedenste Vorgehensweisen, was u.a. daran liegt, dass das jetzt gerade erst angefangen hat und deswegen auch der Erfolg noch getestet werden muss. Ich seh das selber auch teilweise recht kritisch, Geld/Gueter zu geben, dafuer, dass sie etwas aufgeben, was ihnen schadet, aber ok... machen wir mal mit...

Noch so ein Forum soll dann in Makeni stattfinden, und dann ist eine weitere Sache, die wir mit vorbereiten ein Treffen mit lokalen Politikern und den Botschaftern mehrerer Laender, sowie Chiefs und ehemalige Beschneiderinnen,....
(womit ich hoffentlich jetzt auch Kathis Frage beantwortet hab ;) )

Als wir das letzte Mal in Kuntoloh waren, haben wir einen Polizei-Einsatz mitbekommen, der gegen den Protest an einer Schule gerichtet war, die unrechtmaessig verkauft worden war. Die Polizei ist dabei nicht unbedingt deeskalierend aufgetreten, hat sehr bald Traenengas eingesetzt, und irgendwann ist auch scharf geschossen worden. Das Geruecht von dem toten Lehrer hat sich im Nachhinein aber dann doch als unwahr rausgestellt.
Insgesamt hat man aber dann doch auch gemerkt, dass die Kriegserfahrung den Leuten noch gewaltig in den Knochen sitzt. Als wir dann auf dem Rueckweg auf dem Markt ein paar Sachen einkaufen wollten, waere ich fast in einer Massenpanik ueberrannt worden, obwohl die Polizeiaktion an sich schon lange vorbei war. Was die Ursache dafuer war, keine Ahnung...

Die Regenzeit haette inzwischen eigentlich auch zu Ende sein sollen, aber obwohl der Harmattan (kalter Wuestenwind aus der Sahara, der in der ersten Woche die Luft total weiss faerbt) schon vor 3-4 Wochen eingesetzt hat, regnet es noch immer mal wieder an einem Tag 2-3x. Aber naja... uebers Wetter insgesamt sollte ich mich wohl trotzdem eher nicht beschweren ;)

Ansonsten gibt es eigentlich nicht so wahnsinnig viel zu berichten, ausser, dass ich wie viele Biere ich seit ich hier bin getrunken hab, noch immer mit meinen Haenden zaehlen kann, weil wir echt seltenst ausgehen... irgendwie bin ich immer voll frueh muede (meist schon so gegen 9) und geh dann auch meistens relativ bald ins Bett... mein Vater waer stolz auf mich. Haett ich auch nicht gedacht, dass ich irgendwann in meinem Leben nochmal mehrmals 3 Tage in Folge frueher als 10 ins Bett gehen wuerde...

So ungefaehr 3 Wochen sinds noch, dann gehts nach Hause, und irgendwie freu ich mich sogar doch schon auch auf Schnee und kaltes Wetter, dicke Kleidung, dicke Wolldecken, Aufwaermen von der Kaelte draussen.... und vor allem LEBKUCHEN!!! Die paar die ich dabei hatte hab ich halt doch eher fuer die Leute hier mitgenommen...

Also denn, machts gut, vielleicht komm ich ja sogar doch noch dazu, nochmal vor Abreise was kurzes zu schreiben.


P.S. Wenn jemand ne Idee hat wie man auf halbwegs menschenwuerdige Weise bettelnde Kinder loswird, ich waer ihm/ihr sehr dankbar... ich fuehl mich dabei irgendwie immer voll schlecht...

Donnerstag, 8. November 2007

Zurueck aus der Provinz

Wir sind seit ein paar Tagen zuerueck von einer Fahrt in die Provinzen. Jetzt hat es endlcih mal angefangen, nach ein bisschen Arbeit auszusehen. Immerhin haben wir unsere "Report Forms" jetzt mal zum Einsatz bringen koennen.
Und als wir zurueck waren, war ich auch zumindest mal einen Tag lang richtig gefordert, als es darum ging fuer NaMEP (die FGM-Dachorganisation, die gerade in der Gruendungsphase ist) ein 18-Monats-Budget fuer Vergangenheit-Gegenwart-Zukunft fuer die GTZ zu erstellen.

In Kabala hatten wir dann auch ein kurzes Gespraech mit einer Ex-Haupt-Beschneiderin, was aeusserst spannend war, da damit mal ein paar Fragen die wir zum Thema hatten geklaert werden konnten. So ist es z.B. so, dass die beste Beschneiderin zur Chef-Beschneiderin gemacht wird, und dann nicht mehr arbeiten muss. Irgendwie ein seltsames System, das diejenige, die es am Besten kann nicht mehr arbeiten laesst... ist zwar jetzt meine Interpretation, aber irgendwie find ich klingt das schon, als ob der Job fuer die Beschneiderinnen auch eher eine Belastung ist.

Zumindest ist es jetzt inzwischen so, dass wir tatsaechlich mal wissen, was wir in naechster Zeit machen werden. Trotzdem ist eine gewisse Ernuechterung eingetreten in dem was ich jetzt weiss was wir erreichen koennen werden.
Je laenger ich in Sierra Leone bin, desto mehr faellt mir/uns auf, wie sehr die Probleme dieses Landes miteinander zusammenhaengen. Schlechte Strassen, kein Strom, schlechte medizinische Versorgung und schulische Bildung, Gewalt gegen Kinder, Schulgebuehren und schlechte wirtschaftliche Lage, Umweltprobleme, Secret Societies und Korruption,... irgendwie haengt das alles zusammen.

Ein Riesenfaktor dabei ist auch, dass die Gesellschaft einfach extrem hierarchisch gepraegt ist. Wer einen hoeheren Status hat, wird nicht hinterfragt, zumindest nicht offen. Das zeigt sich z.B. darin, dass es immer wieder ein paar Leute gibt, die als "Arbeitstiere" gehalten werden, und das Konzept erinnert sehr an Feudalismus/Leibeigenschaft. Genauso findet sich das auch in der unantastbaren Rolle der Chiefs in den Doerfern, oder auch der Priester und Imame.
Irgendwie ist die Situation halt schon einfach so, dass ich nicht wirklich weiss, wo man anfangen muesste, und dass wenn sich was aendert, man das Gefuehl hat, dass es dann doch wieder irgendwie zunichte gemacht wird.
Andererseits aber dann halt doch auch, dass im Vergleich zu dem was Beate und Rebekka (unsere Vorgaengerinnen) erzaehlt hatten, doch einiges geschehen ist...

Trotzdem muss ich sagen, dass ich fuer mich schon inzwischen den Sinn unseres Aufenthalts nicht mehr so ganz sehe. Also: fuer mich schon, fuer mich ist es eine bereichernde Erfahrung, aber ob ich hier irgendetwas bewegen koennte, selbst wenn ich laenger als nur die 3 Monate hier waere ist halt doch einfach fraglich.

Dazu kommt fuer mich auch noch, dass ich feststelle, dass ich anscheinend doch nicht genuegend Anpassungsfaehigkeit besitze, um mit der Situation hier umzugehen. Z.B. faellt es mir einfach extrem schwer in einem Bett mit 2 anderen Leuten ein Auge zuzumachen, und irgendwie ist mir diese andauernde Naehe der Leute (ob im direkten Kontakt oder via Handy) schon auch oft zu viel.
Irgendwie stell ich hier auch gerade mal wirklich fest, was der grosse Unterschied zwischen kollektivistischer und individualistischer Kultur ist - und ich gehoere anscheinend doch sehr eindeutig zu zweiterer. Das beste Beispiel dafuer ist, dass Ann-Marie, als sie uns ihre Schwester vorstellte, meinte, nachdem sie ja unsere Mama ist, ist Cumba automatisch unser Tantchen; alle unsere Probleme, Sorgen,... koennen wir ihr erzaehlen, wie wir sie ihr erzaehlen wuerden. Und ich stell halt einfach doch fest, dass ich einfach ein-zwei Tage brauche bis ich zu jemandem irgendeine Form von Beziehung aufbauen kann, Familienbande sind da doch irgendwie nicht genug Grund fuer sofortiges Vertraut-Fuehlen - was aber dann die Leute irgendwie nicht wirklich nachvollziehen koennen.

Ich muss auf jeden Fall sagen, dass ich mir inzwischen doch relativ sicher werde, dass meine persoenliche Zukunft wohl eher nicht in der direkten Entwicklungsarbeit sein wird... was mich auf jeden Fall auch irgendwie mit der Frage konfrontiert, was es denn dann sein wird.

Es gibt aber natuerlich schon auch immer wieder superschoene Momente, und es ist auch einfach ein wunderschoenes Land.
Was eine Sache ist, die ich hier absolut genial finde, ist die Reaktion von Kindern, wenn sie uns sehen. Es gibt irgendwie nur 3 Varianten: 1. die kritische (kritische Blicke, keine Antwort auf "Hallo"), meist erst bei Kindern ueber 6-7 Jahren, 2. die freudige ("white man! white man! white man!" mit Winken, Umarmen, Haende greifen und nicht loslassen, und 3. die eindeutig lustigste: ein paar Kinder laufen immer mal wieder heulend weg, und/oder verstecken sich hinter ihrer Mama. Irgendwie einfach ne lustige Reaktion *g*

Mittwoch, 7. November 2007

Ich wusste es schon immer....

... dass Computer mich hassen! Grad im Moment sind mir im anderen Internet-Cafe sage und schreibe 3 PCs nacheinander abgestuerzt, die jeweils bei den Personen vorher noch wunderbar funktioniert hatten....

Naechsten Post werd ich dann jetzt wohl doch auch nicht mehr heute fertig kriegen, weil dieses Internet-Cafe in 10 Minuten zu macht....

Dienstag, 23. Oktober 2007

Erste Kontakte mit dem Themenbereich

Heute hatten wir den ersten Kontakt mit unserer (inzwischen tatsaechlichen) Thematik. Wir waren in der Kuntoloh Community, wo ein 19jaehriges Maedchen zwangsinitiiert (beschnitten) werden sollte, weil sie angeblich in den secret bush eingedrungen waere. Sie ist von KAWDA dann umgesiedelt worden, um der Beschneidung zu entgehen.
Im Prinzip ging es in den Gespraechen eigentlich nicht wirklich um irgendwas, da der Chief nicht da war, aber alleine das Auftreten der zwei Beschneiderinnen war absolut krass. Ewigst aggressiv, andauernd boese Blicke in Richtung Hannah, und so als ob sie von Gott persoenlich gesandt waeren. Eine von ihnen erklaerte dann auch, warum sie Beschneiderin geworden ist: und zwar weil ihre Grossmutter Beschneiderin war, und sie es dann uebernehmen sollte. Anfangs hatte sie sich zwar dagegen gestellt, aber als ihr mehrere Kinder starben, wurde ihr gesagt, das es mit dem Willen Gottes zusammenhaenge, da sie nicht Beschneiderin werden will. Und als sie sich dann fuegte ueberlebten alle Kinder, weswegen sie es jetzt als Gottes Wille ansieht, dass sie Beschneiderin ist.

Ebenso krass unser Besuch bei Gibrilla (Ann-Maries Bruder), der in einer Schule lehrt. Sibylle hat mich im Nachhinein darauf hingewiesen, dass waehrend dem Appell einer der Lehrer mit Rohrstock dastand, was Victoria mit den Worten erklaerte, dass es vollkommen normal sei, dass Schueler am Tag danach fuer ihre "Vergehen" vor den Leuten, und danach nochmal im Klassenzimmer gepruegelt werden.

Ich muss zugeben, dass mir viele dieser Dinge die Sibylle dann anspricht erst gar nicht so richtig auffallen. Mir scheint irgendwie der Blick dafuer zu fehlen. Deswegen wechselt bei mir im Moment auch so ein bisschen das "Irgendwie ist es nicht so schlimm wie ich es erwartet haette" mit dem "in anderen Themenbereichen aber halt dann doch".
Was naemlich die Armut an sich angeht, wird man zwar ab und zu angebettelt, aber trotzdem scheint zumindest nach aussen hin jeder irgendwas zu tun zu haben, womit er/sie ein bisschen Geld verdienen kann. Und auch die Preise von den meisten Sachen sind irgendwie in einem aehnlichen Verhaeltnis wie bei uns, bloss halt auf viel niedrigerem Niveau. Die Versorgungslage ist auf jeden Fall so, dass jeder der Geld hat sich was zu essen leisten kann. Und richtig unterernaehrte Menschen hab ich bis jetzt nicht gesehen.
Genauso die im Krieg von den Rebellen Verstuemmelten. So wie Beate und Rebekka (die 2 die vor 2 Jahren hier waren) es geschildert hatten kommt es mir bei weitem nicht vor. In den 4 Wochen die wir jetzt hier sind, habe ich vielleicht insgesamt 5 oder 6 gesehen. Was natuerlich auch die Frage aufwirft, wo die alle hin sind...

Was auf jeden Fall auffaellt, ist, dass es in diesem Land wahnsinnig viel zu tun gibt, und es wirklich eigentlich unmoeglich ist, sich um alles gleichzeitig zu kuemmern. Und persoenlich muss ich auch sagen, dass das vorerst wichtigste wohl einfach die geregelte Stromversorgung ist... eine Hauptstadt ohne Strom ist einfach nicht wirklich arbeitsfaehig. Von dem her verstehe ich irgendwie, dass die Regierung sich im Moment um dieses und ein paar andere Themen (wie z.B. Korruption - zumindest angeblich) intensiver kuemmert als um AIDS, FGM oder auch Menschenrechte im Allgemeinen.
Schwierig, schwierig... aber irgendwie muss man halt doch zugeben, dass die Probleme die wir in unserem Land haben einfach Luxus-Probleme sind...

Montag, 22. Oktober 2007

Endlich mal raus aus Freetown

Am letzten Montag (muslimischer Feiertag) hab ich mit einer der GTZ-Praktikantinnen die Schimpansen-Auswilderungs-Station in der Naehe von Freetown besucht. War voll interessant. Und nah daran war noch ein netter Wasserfall, den wir auch gleich "mitgenommen" haben.

Und am Wochenende haben wir die beiden anderen ASAten in Lunsar besucht - weil Vroni Geburtstag hatte, war absolut schoen: Geburtstagsfeier mit ewig vielen Kindern, die alle andauernd spielen wollten ;) Und wir haben auch ein wenig die Gegend um Lunsar erkundet. Bilder folgen demnaechst.

Samstag abend sind wir dann auch mal "richtig" weggegangen. War aeusserst interessant, vor allem dass Kerle auch Kerle antanzen und Frauen Frauen. Fuer die Leute hier anscheinend vollkommen normal, genauso wie auch Kerl mit Kerl Hand-in-Hand auf der Strasse marschiert.

Meinen eigenen Geburtstag haben wir gemuetlich zu viert in einer der Strandbars gefeiert, d.h. Ann-Marie, Victoria, Sibylle und ich.

Anonsten gibts arbeitstechnisch nicht viel neues, wenn alles gut laeuft fahren wir am Wochenende in die Provinzen, und unsere Hauptaufgabe ist wohl immer noch KAWDA Struktur beizubringen. Einen ersten Anlauf haben wir mit einem Formular fuer das Monitoring der Projekte gestartet, aus dem dann die Berichte geschrieben werden sollen, einfach damit die Befragungen einem Standard folgen.
Die letzte Woche dagegen war eher von Warten auf Ann-Marie gepraegt, weswegen wir am Donnerstag vor der Abreise einen Planungs- und Besprechungstag eingelegt hatten, der sogar aeusserst effektiv verlaufen ist. Mal sehen, ob das tatsaechlich einen Effekt auf das Arbeiten in den naechsten Wochen hat.

Ach ja, und letzte Woche bin ich Opfer von Taschendieben geworden. Irgendwie hat man ja schon oft davon gehoert, dass einen einer irgendwie ablenkt und der andere dann die Tasche ausraeumt, aber in dem Moment hab ichs doch irgendwie nicht geschnallt. Der Typ hat mich an den Schultern gepackt und rumgeschuettelt und irgendwie seltsames Zeuch gelabert und ich war halt irgendwie viel zu defensiv.

Freitag, 12. Oktober 2007

Endlich Bilder

Nachdem es irgendwie einfach nicht geht, die Bilder auf Blogspot hochzuladen, hab ich sie jetzt in Photobucket eingestellt.

Dafuer koennt ihr sie euch jetzt auch gleich als Slideshow ansehen. Und zwar hier

Ansonsten einfach oben auf "Back to Photobucket Album" klicken.

Dienstag, 9. Oktober 2007

Shaking hands and smiling

Groesstenteils ist es bis jetzt so, dass unsere Taetigkeit noch immer darin besteht, Leute zu treffen. Diese waren jetzt u.a. der deutsche Botschafter (bei dem wir naechste Woche zum Essen eingeladen sind), der Menschenrechtsvertreter der UNIOSIL, dann ein Haufen Leute bei einem Empfang zum Tag der Deutschen Einheit und und und....

Im Moment arbeiten wir hauptsaechlich im GTZ-Gebaeude, was eigentlich recht angenehm ist, da es zumindest ein paar Raeume mit Klima-Anlage gibt.
Das eigentliche Arbeiten hingegen gestaltet sich etwas schwieriger, da die Vorstellungen wie Arbeit auszusehen hat zwischen Ann-Marie und uns sehr auseinander gehen. Planung ist nicht vorhanden, "Dokumentation", die man fuer Finanzacquisition braeuchte gibt es nur muendlich von Ann-Marie. Sie ist auch immer noch der Meinung, dass wir etwas zu HIV/AIDS machen sollten, waehrend wir ganz klar sehen, dass es im Moment wichtigere Dinge gibt, als ein komplett neues Fass aufzumachen.
Angefangen damit, dass es neuerdings eine Dachorganisation fuer NGOs gibt (NaMEP), die sich mit FGM beschaeftigt, und die gerade noch dabei ist sich zu konstituieren, und es da einfach organisatorisch noch einiges zu regeln gibt. Ausserdem verstehen sich die NGOs untereinander nciht sonderlich, so dass Sibylle und ich in 2 Wochen einen Workshop machen werden, der den Orgas das gemeinsame Ziel und den Nutzen vereinter Kraefte klarmachen soll. Dabei sollen sie auch spielerisch dahingefuehrt werden, zusammenzuarbeiten und das ganze dann in Diskussion verarbeitet werden.
Die andere grosse Aufgabe ist es fuer uns dann wohl Ann-Marie (und damit KAWDA, weil sie kaum Aufgaben delegieren will) dazu zu bringen, tatsaechliche Dokumentation durchzufuehren und sie vielleicht dazu zu bringen dass sie selbst Projektantraege stellen kann. Wahrscheinlich schaffen wir das aber nur wenn wir auch schaffen, sie dazu zu bringen, auch mal Aufgaben an andere faehige Leute abzugeben. Klingt nach einer Mammut-Aufgabe? Wird es wohl auch werden...
Auf jeden Fall ist es so, dass das Ganze shaking-hands-and-smile fuer die naechsten Wochen weiter durchgeplant ist, was Ann-Marie angeht, und wir da doch ein bisschen mehr Substanz reinbringen wollen. Heute haben wir versucht einen Plan fuer die naechsten Wochen zu erstellen (wo ich es eh noch fuer fraglich halte, dass der eingehalten wird) und mit den ganzen Sachen, die Ann-Marie mit uns vorhat, bleibt kaum Zeit fuer Eigeninitiative, so dass wir da schaetzungsweise noch was wegkuerzen muessen, und Ann-Marie meint immer noch dass wir auch was zu HIV/AIDS machen sollen...

Jetzt schauen wir mal wie das weiter geht.
Bilder kann ich leider erst beim naechsten mal hochladen. Das Netz is einfach zu langsam fuer die normale Bildgroesse, die die haben, und hier ist kein Programm zum bearbeiten auf dem PC.

Dienstag, 2. Oktober 2007

erste Arbeitstage und ein paar Beobachtungen

Inzwischen hat das Leben hier fuer uns tatsaechlich angefangen. Wir haben eine feste Bleibe, und auch unsere ersten organisatorischen Treffen hinter uns. Trotzdem wissen wir noch nicht so wirklich, woran wir jetzt arbeiten werden. Nur so viel, dass es vermutlich eher mit Frauenbeschneidung als mit HIV/AIDS zu tun haben wird.

Am Sonntag hab ich in der Kirche eine kleine Rede halten duerfen, was ich eher unangenehm fand, aber naja... werd ich mich wohl dran gewoehnen muessen. Wir wurden auf jeden Fall sehr herzlich willkommen geheissen und durften auch gleich noch eine Taufe miterleben. Am gleichen Abend haben wir auch noch einen kleinen Einblick in das "andere" Sierra Leone bekommen. Victoria, die als Sekretaerin bei KAWDA arbeitet hatte uns zum Essen zu ihrer Familie eingeladen. Das war eher ein relativ stattliches Anwesen und im Hintergrund lief der Fernseher, was hier nicht unbedingt eine Selbstverstaendlichkeit ist. Vor allem angesichts der Tatsache, dass Strom aus staatlichem Netz nicht vorhanden ist, und eigentlich ueberall wo Licht brennt, es durch Generatoren erzeugt wird. Es ist natuerlich auch irgendwie eine spannende Sache, mal in einer Hauptstadt unterwegs zu sein, deren Einwohnerzahl irgendwo zwischen 700.000 und 1.500.000 liegt, und trotzdem noch die Sterne sehen zu koennen.
Das ist natuerlich auch mit einer der Gruende fuer die grosse Begeisterung, die in dem Land nach den Wahlen zu spueren ist, jeder meint, dass sich jetzt bald etwas bewegen wird, da der Stillstand der vorherigen Jahre der alten Regierung zugeschrieben wird. Von Anspannung ist im Moment nicht viel zu spueren, auch wenn es immer wieder zu Diskussionen zwischen SLPP- und APC-Anhaengern kommt, da sich die SLPP-Leute bei den Wahlen uebergangen fuehlen.

Es gibt gerade mal 2 Fernsehsender, von denen einer ABC ist. Das Programm des SLBC wird immer wieder unterbrochen durch CNN-Meldungen ohne Ton, und besteht soweit uns erzaehlt wurde hauptsaechlich aus irgendwelchen Mitmachsendungen fuer Kinder. Das Hauptmedium fuer die Leute ist also das Radio, wo sie neben Musik auch aeusserst gespannt den europaeischen Fussball-Ligen folgen. Besonders spannend fand ich dabei, dass sie sich nicht fuer ein Team interessieren, sondern eher fuer die einzelnen (afrikanischen) Spieler. Es scheint dabei auch tatsaechlich zu Streitigkeiten zu kommen, welcher von den Spielern der Bessere ist.

Aeusserst interessant sind auch unsere Begegnungen auf der Strasse. Wir werden von wildfremden Leuten mit Handschlag begruesst, die Jungs schauen Sibylle ewig hinterher und kleine Kinder nehmen uns einfach mal so an den Haenden. Wenn wir dann tatsaechlich auch selber mal irgendwo einen Weissen sehen, geht es uns aber irgendwie auch nciht wirklich anders, wir gucken ihnen genauso hinterher... sie (und halt ebenso auch wir) fallen einfach auf. Es ist auf jeden Fall mal ein aeusserst interessantes Gefuehl, in der Rolle der ethnischen Minderheit zu sein, auch wenn das hier sicher anders aussieht als bei uns.

Samstag, 29. September 2007

Telefonnummer

Falls jemand mal anrufen will. Ich bin unter +232-77880336 erreichen. Unter www.billiger-telefonieren.de gibts Tarife, wo man mich fuer ungefaehr 12 Cent anrufen koennte (Sierra Leone, Mobil). Wuerde mich darueber freuen, vor allem weil Anrufe von hier aus eher Richtung unbezahlbar gehen.

Lebenszeichen

Wir sind gestern gut behalten, aber muede in Freetown angekommen. 27 Stunden Reisezeit, Flug mit Umsteigen in Casablanca und dann die Faehre ueber den Fluss haben uns relativ fertig gemacht, so dass wir gestern einen eher ruhigen Tag hatten. Auch was das Wetter angeht, war das eher empfehlenswert. Wechselhaft zwischen schwueler Hitze und immer wieder kraeftigen Regen-Duschen.

Interessant war vor allem das Geldwechseln, wobei wir von einer Traube von ca. 15 Leuten umgeben waren, die alle wollten, dass wir "ihr" Transportmittel nuetzen. Waehrenddessen haendigte uns der Mensch am Schalter das Geld aus, dass er uns in 5000 Leone-Scheinen gab, was der groesste vorhandene Schein ist. Wert: ungefaehr 1,13 Euro. Das war ein erster Hinweis auf das was uns kurz darauf begegnen sollte - die Armut sieht man an jeder Strassenecke, gleichzeitig aber auch einige Leute, die superreich sind. War zu erwarten, aber trotzdem ist es einfach etwas anderes, das so direkt vor sich zu sehen.
Die Leute sind supernett, alles hervorragend, Ann-Marie und Victoria kuemmern sich ruehrend um uns. Ich habe im Moment zwar noch das Gefuehl nicht wirklich zu verstehen, wie hier alles so laeuft, aber ich hoffe, das kommt mit der Zeit. Ein paar Brocken Krio hab ich immerhin schon mal gelernt.

Am Montag werden wir die erste Team-Besprechung haben, in der wir die Plaene fuer die naechsten Wochen schmieden waeren, heute waren wir bei der GTZ um dort ein paar Kontakte zu knuepfen. Morgen werden wir wahrscheinlich in unser festes Domizil fuer die naechste Zeit ziehen, aber das muessen wir erst noch sehen. Und wir werden morgen in einem Gottesdienst willkommen geheissen, wo wir wohl auch ein paar Worte an die Gemeinde richten "duerfen" werden. Daumen druecken.

Der grosse Kulturschock blieb zuerst aus, den hatte ich aber dafuer heute morgen, als ich waehrend des Wartens auf Ann-Marie (unsere Chefin) den Spiegel gelesen habe und gerade bei einem Artikel ueber unsere "geliebte" bayrische Staatsregierung gelesen habe, und auf einmal Afrika an meine Tuer klopfte. Aber inzwischen bin ich wieder hier angekommen ;)

Internet ist auf jeden Fall relativ ohne Probleme verfuegbar, so dass ich wohl relativ oft dazu kommen werde etwas zu schreiben.

Liebe Gruesse in die Heimat.

Dienstag, 18. September 2007

Militär war Fake

Hmmm, ok, sieht nicht ganz so schlimm aus wie wir dachten. Die Meldung mit dem Militär war eine Ente, das hat uns zumindest Ann-Marie mitgeteilt, die Chefin der Organisation die wir unterstützen werden. (Ich glaub der Zeitung wo ich das gelesen habe vertrau ich nicht mehr *g*)
Trotzdem fliegen wir jetzt eine Woche später, was sicherheitsmäßig auch wahrscheinlich trotzdem keine falsche Entscheidung ist. Und ein bißchen mehr Spielraum für Vorbereitung usw. gibt es uns wohl auch.

Montag, 17. September 2007

Abflug verschoben

Aufgrund der politischen Lage im Land haben wir jetzt den Abflug doch nochmal um eine Woche verschoben, um etwas mehr Zeit zum Beobachten zu haben. Nachdem in ein paar SLPP-Hochburgen Wahlbeteiligung von über 100% festgestellt wurden, wurden diese Wahlkreise aus der Wahl ausgenommen. Die (derzeit regierende, und in den Wahlen hinten liegende) SLPP hat darauf mit einem Gerichtsverfahren reagiert, das die Wahlauszählung verhindern soll, worauf (zumindest nach einer der Zeitungen) das Militär das Büro der SLPP besetzt hat.
Der derzeitige Präsident hat zwar jetzt Anweisungen gegeben die Stimmauszählung weiter durchzusetzen, aber das ist der letzte Status, der bekannt ist.
Der Termin zur Ergebnis-Verkündung ist kommender Samstag, und es wurde uns von mehreren Seiten empfohlen, erst danach einzureisen, weswegen wir jetzt den Flug erst am Donnerstag nächster Woche nehmen.
Drückt die Daumen, dass sich das alles in Wohlgefallen auflöst.

Mittwoch, 12. September 2007

1 week to go

So, eine Woche ist es noch, ich bin dabei die letzten Vorbereitungen anzugehen (nochmal einen dünnen Schlafsack kaufen, und Micropur besorgen z.B. *g*)

Was die Wahlen angeht gab es zwar einiges an Unruhen zwischen 1. Runde und Stichwahl, die aber jetzt aufgehört haben - zumindest gibt es keine Nachrichten mehr darüber.

Noch bin ich irgendwie nicht wirklich nervös, aber ich bin mir sicher das kommt spätestens wenn ich in den Flieger steige.

Freitag, 10. August 2007

Was hier gepostet wird

Hallo, werte Leser,

dies wird mein Blog werden, in dem ich euch über meine Erfahrungen während meiner 3 Monate in Sierra Leone berichten werde.

Wer es noch nicht weiß, ich werde dort zusammen mit meiner Projektpartnerin Sibylle ab September ein Praktikum in einer dort ansässigen Organisation (KAWDA) machen. Unser Projekt wird es sein, in der Organisation, die sich hauptsächlich mit dem Kampf gegen die Frauenbeschneidung beschäftigt, als weiteren Fokus die AIDS-Prävention zu etablieren. Was wir genau machen sollen, ist uns aber noch nicht so wirklich klar.

Im Moment gibts allerdings noch nicht so viel neues. Ich habe gerade mal meine Tickets erhalten, am 20. September gehts los, und es mischen sich Gefühle von Spannung, Vorfreude und gewaltigem Respekt sowohl vor der Aufgabe, als auch vor der Situation im Land. Morgen sind dort die Wahlen, und ich beobachte gespannt, was dabei herauskommt. Zum Glück kriegt man über Internet auch tatsächlich Nachrichten mit.