Montag, 10. Dezember 2007

Gratwanderungen und andere Schwierigkeiten

Ab und zu ist es so, dass ich doch eher vergesse, dass ich mich in einem Land befinde, das erst vor 5 Jahren einen ueber 10 Jahre andauernden Krieg beendet hat, der als einer der grausamsten Buergerkriege gilt. Und dann laufe ich ueber den Markt, hoere eins der ueblichen "Hello sir, how are you?", drehe mich den Gruss erwidernd zur Seite, und sehe eine Frau auf dem Boden sitzen, die Kruecken neben ihr, und eines ihrer Beine endet mitten im Oberschenkel. Es ist zwar, wie ich schon mal geschrieben hatte, seltener, als ich es eigentlich erwartet haette, aber gerade in so Momenten reisst es mich doch einfach immer wieder.

Das Treffen in Lumley hat inzwischen stattgefunden. Es ist zwar leider nicht ganz nach Plan gelaufen, vor allem weil der Ort sehr kurzfristig geaendert wurde (was ich leider nicht richtig mitgekriegt hatte), und am alten Ort niemand postiert wurde, um bescheid zu sagen, so dass viele der geladenen Gaeste wieder gefahren sind. Ein kleiner Erfolg der Veranstaltung war aber dann doch, dass die Projektmanagerin der GTZ den ehemaligen Beschneiderinnen von Lumley eine alternative Einkommensquelle versprochen hat. Diese Frauen warten zum Teil schon seit knapp 2 Jahren darauf, waehrend neuere Projekte schon ihre Produktionsmittel haben. Problematisch an dem Versprechen war nur auch wieder die zu direkte Formulierung, die, wie wir inzwischen festgestellt haben, sehr schnell zu hohen Erwartungen fuehrt, die aber meistens wegen verschiedenster buerokratischer Hindernisse nicht so schnell erfuellt werden koennen, wie das von den Leuten erwartet wird. Das fuehrt natuerlich auch schnell zu grosser Enttaeuschung auf Seiten der Sierraleoner.
Es ist ein bisschen so, als ob die Leute erwarten, da kommen ein paar Weisse und schwuppsdiwupps ist ihr Leben besser. Das Bedingungen an die Hilfsleistungen geknuepft sind, und dass auch Europaer nicht unendlich Geld zur Verfuegung haben ist den meisten nur schwer zu vermitteln.

Das zweite genannte ist auch eines der Probleme, denen wir auch taeglich begegnen. Manchmal beschwert sich die Verkaeuferin oder Kellnerin, dass man sie nicht auf was einlaedt, mal die direkten Nachbarn. Es ist irgendwie immer eine Gratwanderung, weil es ja nun eigentlich schon so ist, dass wir im Vergleich wirklich viel Geld haben, aber jeden andauernd, oder auch nur ab und zu einzuladen dem es schlechter geht als mir wuerde mich innerhalb kuerzester Zeit relativ mittellos dastehen lassen - vor allem da ich alles Geld was ich hier habe in bar mitnehmen musste, VISA,... is nich.

Dass das Leben in Europa auch mehr Geld kostet ist so als Idee auch nicht wirklich vorhanden. Das was die Leute uns so erzaehlen - sie erzaehlen, sie fragen nicht, denn Europa ist ja einfach so - geht so in Richtung dass es in Europa niemanden gibt, dem es schlecht geht, wir alle grundsaetzlich nur in Restaurants essen, jeder zur Uni gehen kann,...
Und auf die Frage ob sie denn die reichen Sierra Leoner - die mit den dicken Autos rumfahren und sichs wirklich krass anmerken lassen, dass es ihnen gut geht - genauso fragen wuerden, ob sie ihnen dieses oder jenes kaufen/schenken/whatever... erweckt meistens nur grosse Verwirrung.

Aber waehrend die einen Taxi-Fahrer uns oft nicht mal fuer den doppelten Normalpreis mitnehmen wollen, gibt es auch ab und zu Leute, die einen fuer umsonst mitnehmen, einfach weil sie es nett finden, sich mal mit einem Europaer unterhalten zu koennen. Bei manchen Einladungen ist es aber auch schon wieder schwierig anzunehmen... Wie gesagt, einfach immer Gratwanderung...